Mioritic – Mix „Lotte“

Hündin, kastriert, geb. 03.12.2015, eingestuft als Gefahrenhund – Wesenstest bestanden

Lotte ist seit Dezember 2019 bei uns in der Einrichtung. Die Gute ist aufgrund einer Halterunzuverlässigkeit und Vorfälligkeiten vom Amt eingezogen, da es einen Beissvorfall mit Todesfolge (ein kleiner Hund) gab. Hört sich schlimm an und ist es auch. Jetzt kommt das große Aber…

Der Mioritic ist ein rumänischer Herdenschutzhund, der für einen Zweck gezüchtet wurde – er soll aufpassen und in Konflikt- / Krisensituationen handeln. Das macht den Vorfall zwar nicht besser, zeigt aber, dass es sich wieder mal nicht um „den bösen Hund“ handelt, sondern vielmehr um eine Sorglos-Attitude der Vorbesitzer (wie so oft bei Vorfälligkeiten von Herdenschutzhunden).

Als Lotte zu uns kam war sie sehr zurück haltend. Alles erschien ihr als Bedrohung und mit den ganzen Menschen hier auf dem Hof wollte sie auch nichts zu tun haben. Schnell war klar, dass ihre Abgegrenztheit in Bezug auf fremde Menschen mehr ein selbst erbauter Schutzwall war, als eine generelle interspezifische Aggression. Diesen Schutzwall haben wir sehr schnell einreißen können. Lotte war seit ihrer Ankunft bei uns immer ein Teil des Ganzen. Sie musste/durfte immer dabei sein, egal ob Mensch oder Hund den Hof mit ihr teilten. Hier konnte sie lernen, dass es auch toll sein kann, wenn man mal jemand Neues kennen lernen darf. Da Lotte eine offene erwachsene Frau ist, nahm sie diesen Umstand gerne an. Sie orientiert sich stets an ihrem Halter, und wir haben mit ihr besprochen, dass man in Konfliktsituationen (mit Mensch und Hund) auch einfach mal weggehen kann bzw. lieber beim Halter petzen geht, als übergriffig zu werden.

Zu Ihrem Stärken zählte der Erziehungsstand bei Ankunft leider nicht. Themen wie Essen hergeben, Leinenführigkeit, Rückruf, Nein, „bleib da“  und „lass das“ sind wir gemeinsam angegangen. Für einen Herdenschützer ist sie schnell einsichtig, motzt (mittlerweile) nicht mehr gegen an und lässt sich bereitwillig von Dingen abhalten, die ihr Spaß machen.

Lottes größte Stärke ist ihr unglaubliches Herz. Ich habe selten Hunde treffen dürfen, die so nachhaltig verliebt, treu und empathisch sind, wie die süße Maus. Hat sie sich dazu entschieden,  die Person in ihr Herz zu lassen, so sitzt „der Stachel tief bei Ihr“. Als Herdenschützer braucht sie niemanden, der ihr den ganzen Tag erklärt, was sie zu machen hat und wie dieses zu erfolgen hat. Damit würde man bei ihr eher Türen verschließen, als zu öffnen. Als Mioritic ist sie halt ein selbstständiger Hund und dieses sollte beachtet werden. Auch ist übersteigerte Zuneigung fehl am Platz, denn die Gute kuschelt zwar gerne und viel (mit ausgewählten Personen), aber hat weder den Anspruch, noch die Forderung, dass dieses ein ganztägiges Unterfangen sein soll.

Mit anderen Hunden ist sie generell nicht unverträglich. Sie läuft bei uns in den Gruppen der Hundeschule mit – ist dort eher unauffällig, als im Mittelpunkt. Jedoch braucht sie dort jemanden, an dem sie sich orientieren kann und der, bei evtl. Regelverstoßvorhaben, klar mit ihr argumentiert.

Da die Gruppe der Herdenschützer in erster Linie verbellen sollen, bevor es ins Nahkampftraining geht, ist davon auszugehen, dass dieses auch in neuem Umfeld gezeigt wird. Eine idyllische Neubausiedlung mit max. 1 Meter Zaunhöhe ist somit nicht wirklich geeignet, da die Nachbarn selten auf das Gebelle des Tieres stehen, wenn der Halter mal nicht in der Nähe ist und ein kleiner Zaun ist bei ihrer Körpergröße nicht mal eine kleine Herausforderung.

Lotte ist mit persönlich enorm ans Herz gewachsen. Selten bekommt man einen so unkomplizierten Herdenschützer zu sehen, wenn man das Grundsätzliche beachtet. Ich nehme sie mit in die Stadt, lasse unsere Praktikanten mit ihr arbeiten, nutze sie als Ablenkungshund in der Hundeschule oder zum Vorzeigen, wie es richtig ist. Sie gibt einem dafür so viel zurück – scheinbar endloses Vertrauen, unaufdringliche Spiel- und Knuddelaufforderungen und ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das schwer zu beschreiben ist. Ja, die Kleine hat sich auch in mein Herz geschlichen, jedoch ist es an der Zeit, dass sie endlich „zu Hause“ ankommt.

Leider ist sie seit der Vorfälligkeit von 2018 als „gefährlich eingestuft“. Wir haben dieses Jahr im Juni 2020 mit ihr den Wesenstest gemacht und die süße hat alles mit Note 1 bestanden. Für die meisten Bundesländer ist somit beim Amt eine Gefährlichkeitsaberkennung möglich und müsste mit dem zuständigen Ordnungsamt besprochen werden. Für Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Thüringen bedarf es noch einer tierärztlichen Begutachtung – aber auch diese würde keine Hürde für Lotte stellen.

Wir suchen für sie eine Person, ein Paar oder eine Familie, die es versteht sowohl Grenzen zu setzen, als auch Freiheit zu gewähren. Als Mioritic wird sie immer aufpassen und das auch sehr klar und effektiv – was aber kein Problem darstellt, wenn man keine „die müssen doch mal spielen“ bei allem und jedem Gedankenspiel hat. Nein, sie braucht eher Leute, die ihr erklären, dass rauf hauen keinen positiven Effekt hat, und ihr den Raum für Handlungsalternativen geben. Ihr Leben wäre perfekt, wenn sie als Hofhund oder in einem großen Garten leben könnte. Denn einfach draußen sein (egal bei welchem Wetter) liebt sie so sehr wie ihre Bezugspersonen.

Ich wünsche mir, dass Lotte ein liebevolles, erwachsenes, pflichtbewusstes und verständnisvolles Zuhause bekommt, bei dem nicht versucht wird den Hund zu etwas zu biegen, was er nicht ist, sondern man mit dem großen Herz, der Eigenständigkeit und allen ihren Persönlichkeitsmarkern zufrieden ist. Lotte hat es verdient anzukommen, da sie für den einen Fehler schon (meiner Meinung nach) zu lange mit einem „Stempel auf der Stirn“ leben muss.

Wer jetzt interessiert ist oder Lotte mal kennen lernen möchte, kann sich gerne melden unter info@hundeschule-mittelholstein.de oder telefonisch unter 0162/9224995.